Mobilität muss sich aus Gründen des Ressourcen- und Klimaschutzes verändern und anpassen, sagt Hessens Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, Kaweh Mansoori (SPD), weshalb eine „neue Mobilität“ vonnöten sei. Diese „neue Mobilität“ versteht der Verkehrsminister als Versprechen, allen Menschen Mobilität zu ermöglichen. Das Deutschlandticket sei ein „wesentlicher Schritt“, um dieses Versprechen einzulösen.
Deutschlandticket und Mobilitätswende: „Wer häufig den ÖPNV nutzt, wird entlastet“, sagte Mansoori Anfang Juli beim Towergespräch der Frankfurter Allgemeine Zeitung unter der Überschrift „Mobilitätswende ausgebremst”, an dem RMV-Chef Prof. Knut Ringat, Dr. Klaus Vornhusen, Konzernbevollmächtigter der Deutsche Bahn Hessen, und Dr. Jürgen Dieter, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städtetages, unter Leitung von Carsten Knop, Herausgeber der FAZ Rhein-Main Zeitung, teilgenommen haben.
Die Teilnehmer des Panels haben viele Punkte genannt, die für eine Mobilitätswende (besser: Verkehrswende) notwendig sind, etwa den überfälligen Ausbau der Infrastruktur oder den wachsenden Personalmangel. Zur Kernfrage ist das Podium beim Towergespräch der FAZ aber nicht vorgestoßen: Wie können ÖPNV und Bahn finanziell besser ausgestattet werden im Blick auf eine Zukunft, in der die Wende hin zum weniger umweltwirksamen Verkehr immer dringlicher wird, die Mittel aber immer knapper werden, um dieses Ziel zu erreichen?
Die nicht geführte Debatte hätte womöglich zur Erkenntnis geführt, dass die über Jahrzehnte geübte Gießkannen-Praxis und die wählerwirksame Allen-wohl-und-keinem-Weh-Strategie auch im Verkehrssektor angesichts der Ressourcenknappheit nicht mehr funktionieren, womit das zentrale Anliegen der Verkehrswende auf der Tagesordnung steht: Die Veränderung der Mobilität im Kopf und dem Verkehr auf der Straße mit dem Ziel, zumindest in Kernstädten und Ballungsräumen weg vom individuellen und hin zum öffentlichen Personennahverkehr zu kommen.
Dafür ist deutlich mehr Geld erforderlich. Geld, das eingenommen werden kann, wenn im Sinne der Verkehrswende und des ÖPNV Subventionen des Autoverkehrs wie Dieselvergünstigung (+8 Mrd € Einnahmen), Entfernungspauschale (+6 Mrd € Einnahmen) und Dienstwagenprivileg (+3 Mrd € Einnahmen) über einen mehrjährigen Zeitraum abgeschafft werden. Damit könnte auch in Deutschland ein Gratis-ÖPNV nach Luxemburger Vorbild aufgebaut werden, der unabhängig von der sozialen Lage im strengen Wortsinne von ALLEN genutzt werden kann.
Es ist eben diese soziale Realität, die in der Debatte um das Deutschlandticket nicht ausreichend berücksichtigt wird: Dass nämlich jedes 4. Kind hierzulande armutsgefährdet ist, jeder vierte Rentner zur Tafel gehen muss und etwas mehr als fünf Millionen Menschen ihre Wohnung nicht ausreichend heizen können.
Deshalb ist das 49 € Ticket immer noch zu teuer, worauf Prof. Dr. Andreas Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin fuer Sozialforschung (WZB) Berlin oder Prof. Dr Jürgen Follmann (Hochschule Darmstadt hda) immer wieder hinweisen.