Eurobike 2024 Rückblick: Dass Innovationen, also Technik, und die wirtschaftliche Lage (Ökonomie) für die Fahrradbranche im Vordergrund der Eurobike2024 gestanden haben, an der 1.800 Unternehmen aus mehr als 60 Ländern teilgenommen haben, steht außer Frage. Dennoch bleibt die Messe in Frankfurt trotz aller Begeisterung der Teilnehmenden in zwei Fragen hinter dem zurück, was zu thematisieren notwendig und überfällig ist: Die ökologische Dimension des aktiven Verkehrs (zu Fuß gehen und Radfahren), der vom Pragmatismus jener überdeckt worden ist, die auf Podien – zu Recht – betont haben, dass mit Hinweisen auf Klimawandel und Umweltschutz niemand vom Auto aufs Rad umsteigt. Und das Schattendasein der vernetzten Mobilität, auf die dankenswerterweise Meike Niedbal, Leiterin Konzernentwicklung bei der Deutschen Bahn AG, hingewiesen hat.
In der B2C-Kommunikation mag es sinnvoll sein, erlebnisorientierte Faktoren oder allgemein den „Spaßfaktor“ bei der Frage in den Vordergrund zu stellen, warum Radfahren einen hohen Wert hat. Für Entscheidungsträger*innen, gerade auf kommunaler oder Landesebene – also in der B2B-Kommunikaton – ist es durchaus sinnvoll, Fragen der Umweltbelastungen weiter zu thematisieren und auf externe Kosten des Verkehrs – oder besser: einzelner Verkehrsträger hinzuweisen und auf Reduzierung von Luftschadstoffen und Lärm hinzuweisen.
Ein Beispiel: Prof. Dr. Christian Brand (University of Oxford) und sein Team haben für sieben europäische Städte nachgewiesen, dass die mobilitätsbezogenen CO2-Emissionen pro Kopf und Tag etwa 3,2 kg betragen. Davon entfallen 70% auf das Auto und etwa 1% auf das Fahrrad. Die CO2-Emissionen im Lebenszyklus sinken um 14 % pro zusätzlicher Fahrt mit dem Rad und um 62 % für jede vermiedene Autofahrt.
Angesichts der Tatsache, dass der Verkehrssektor bislang keinen Beitrag leistet, um die Klimaziele zu erreichen, sind das Fakten, die einer Erwähnung sicherlich wert wären.
An Aufmerksamkeit fehlt es auch für die Tatsache, wie wichtig es ist, Verkehrsmittel zu vernetzen. Meike Niedbal hat das am Beispiel Vor- und Zulauf zu Bahnhöfen mit dem Rad deutlich gemacht. Wer aber interessen- und branchenbedingt nur das Velo in den Mittelpunkt stellt, ohne zu berücksichtigen, um wie viel größer der Effekt für die Verkehrswende ist, wenn das Velo als eines von mehreren Verkehrsmitteln in der Reisekette begriffen wird, schöpft die Möglichkeiten für die Verkehrswende nicht aus.
Das gilt nicht weniger für den schleppenden Ausbau der Infrastruktur. Was nutzt die schönste Technik, wenn der Ausbau des Fahrradschnellweges RS1 im Ruhrgebiet oder vieler anderer Radschnellwege in Deutschland nur langsam vorankommt? Die Vorteile von Radschnellwegen stehen außer Frage: “Wichtige Ziele wie der Arbeitsplatz, Wohnquartiere und bedeutende Verkehrsknotenpunkte liegen eng beieinander und sind – entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt – schnell und komfortabel mit dem Fahrrad zu erreichen. Aufgrund ihrer hochwertigen Wegequalität, die zügiges Radfahren erlaubt, können Radschnellwege die Fahrtzeiten um 30 bis 50 Prozent verkürzen. Das Fahrrad wird damit für Entfernungen von bis zu 15 Kilometern zu einer attraktiven Option”, erläutert der Regionalverband FrankfurtRheinMain die Vorteile der schnellen Velorouten.
Unter idealen Bedingungen könnte jeder dritte Einpendler bzw. -pendlerin nach Frankfurt auf ein E-Bike umsteigen, weil dieses Drittel nicht weiter entfernt vom Wohnarbeit arbeitet als 15 km. Tatsächlich stockt der Ausbau – nicht nur in der Metropolregion FrankfurtRheinMain, sondern auch im Nachbarland Rheinland-Pfalz.
Zu wünschen wäre, dass die Eurobike 2025 den genannten Themen mehr Raum und Aufmerksamkeit widmen würde. Den Radverkehr zu fördern ist eine notwendige, für sich genommen aber noch keine hinreichende Bedingung für die Verkehrswende.