Über den Klimawandel wird seit Jahren viel geschrieben – und dennoch begreifen wir die Tragweite dessen, was sich aktuell in erschreckendem Tempo ereignet, nur eingeschränkt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Aus psychologischer Sicht weigern wir uns aus Selbstschutz, die reale Gefahr zu erkennen und anzunehmen. Aus fachlicher Sicht ist die Komplexität des Vorgangs für Laien kaum ncoj zu durchdringen und die Vielzahl wichtiger und seriöser wissenschaflicher Publikationen ohenhin nicht mehr zu erfassen. Vor diesem Hintergrund hilft ein luzider Vortrag des PIK-Direktors Johan Rockström weiter.
Aus kommunikativer Sicht leisten seriöse Medien nicht ausreichend Vermittlungsarbeit, indem sie die Komplexität reduzieren und das Einzelereignis in den Zusammenhang stellen. Nachrichten über katastrophale Extremwetter, die uns inzwischen wöchentlich erreichen – Feuersbrünste, Fluten, Überschwemmungen, Dürren und Stürme – werden im Fernsehen nur in Ausnahmefällen in den Kontext des Klimawandels gestellt. Wir werden ohne Absicht blind gemacht gegen die Ursachen, der Ereignisse, die uns zunehmend beunruhigen.
Im wachsenden Maße problematisch ist inzwischen auch die Zahl der Personen, die den Klimawandel leugnen, wie das etwa die AfD im Wahlkampf in drei Bundesländern demonstriert. Auch das ein Hinweis auf eine Zeitenwende, die sich so niemand wünscht. Der Kandidat hätte wohl auch sagen können, dass Wasser den Berg hochfließt, und viele Verblendete würden ihm wohl glauben.
Umfassend, verständlich und das Einzelereignis mit seinen Konsequenzen im Kontext zu erklären, ist heute notwendiger denn je. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klima-folgenforschung (PIK) und Professor für Erdsystemforschung an der Universität Potsdam, gehört zu jener kleinen Gruppen von renommierten Wissenschafler*innen, die fähig sind, packende Reden zu halten. Beim jüngsten TEDx Bloomberg Green Festival im Juli dieses Jahres hat Rockström in einem 18.minütigen Vortrag die aktuellen Erkenntnisse zum Klimawandel zusammengefasst und erläutert, welchen Risiken wir derzeit ausgesetzt sind.
Klimawandel: „Wir Erdsystem- und Klimawissenschaftler werden ernsthaft nervös“
Rockström sagte u.a.: „Wir Erdsystem- und Klimawissenschaftler werden ernsthaft nervös. Der Planet verändert sich schneller, als wir erwartet haben. Obwohl wir jahrelang Alarm geschlagen haben, stellen wir jetzt fest, dass der Planet tatsächlich in einer Situation ist, in der wir die Risiken unterschätzt haben.
Abrupte Veränderungen vollziehen sich in einer Weise, die weit über die realistischen Erwartungen der Wissenschaft hinausgehen. Vor fünfzehn Jahren habe ich das Konzept der planetaren Belastungsgrenzen vorgestellt, den wissenschaftlichen Rahmen mit den neun Erdsystemprozessen, die die Stabilität, die Widerstandsfähigkeit und die Lebensgrundlage des Planeten Erde bestimmen.
Um unter 1,5 Grad Celsius zu bleiben, um das Überschreiten von Kipppunkten zu vermeiden, müssen wir uns innerhalb des globalen Kohlenstoffbudgets bewegen, das uns eine Chance gibt, 1,5°C zu halten.
Was uns bleibt, sind nur 200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die wir weiterhin ausstoßen können, um eine 50-prozentige Chance zu haben, den Wert von 1,5° C zu halten. Wir stoßen heute 40 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr aus, was bedeutet, dass wir bei den derzeitigen Emissionsraten fünf Jahre Zeit haben, bevor wir das Budget aufgebraucht haben. Uns läuft ernsthaft die Zeit davon.“
Der Vortrag kann auf dem YouTube Kanal meines Verkehrskontors FrankfurtRheinMain angeschaut werden (Link).