Die Debatte über die Zukunft der Mobilität wird von unterschiedlichen Positionen aus mit teils stark divergierenden und nicht immer offenkundigen Zielen geführt. Sie ist vielstimmig, kaum zu überblicken und führt selten zum Konsens, der Voraussetzung für den Entscheidungswillen der Politik und die überfällige Große Transformation ist.
Die Thesen zur Zukunft einer enkel- und sozial gerechten Mobilität auf dieser Website sind ein Beitrag zu dieser Debatte mit dem Ziel, gleichermaßen Orientierung zu geben und Argumente zu liefern für einen Konsens, mit dem der Umbau des Mobilitätssektors eingeleitet werden kann. Die Grenzen planetarischer Belastbarkeit und die Frage der Gerechtigkeit bilden dafür den verbindlichen Rahmen.
These 1:
Klimaneutralität ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um das Klimaschutzziel von Paris zu erreichen, die Erderwärmung bis zum Jahrhundertende auf max. 1,5 ° C zu begrenzen. Der Mobilitätssektor muss deshalb so schnell wie möglich die Emissionen von Treibhausgasen auf Null reduzieren.
Erläuterung:
Klimaneutralität steht für ein Null-Summen-Spiel, bei dem im Erdsystem so viel CO2 emittiert wie absorbiert wird. Das Problem: Der Begriff „Klimaneutralität“ suggeriert, dass mit dem Fließgleichgewicht von Emission und Absorption von CO2 der Klimawandel gestoppt wird. Das ist ein Irrtum, weil 40% der seit 1750 emittierten Menge an CO2 – etwa 880 Gt – noch immer in der Atmosphäre gespeichert sind und den Kohlenstoffzyklus überlasten – der Zustand des Fließgleichgewichtes (Klimaneutralität) ändert daran nichts.
Dass Wälder, vor allem Regelwald, weiterhin gerodet, immer mehr Naturfläche für landwirtschaftliche Nutzung freigeben wird, schränkt die Aufnahme von CO2 in diesen so genannten Senken weiter ein – weshalb es umso schwieriger werden wird, das Fließgleichgewicht herzustellen, wenn sich die Aufnahmefähigkeit der Senken für CO2 weiter verringert.
Zudem erleben wir einen sich selbst verstärkenden Prozess, weil infolge der Veränderungen diese Senken immer weniger CO2 aufnehmen können (Sättigung). Das gilt für die Ozeane, die CO2 aufnehmen und über lange Zeiträume in tieferen Schichten der Meere ablagern. Dieser Prozess läuft inzwischen immer langsamer ab.
Erst wenn die Altlast von 880 Gt abgebaut ist, etwa durch umstrittene Verfahren wie Carbon Capture Storage (CCS) bzw Direct Carbon Capture Storage (DCCS) oder andere Verfahren, kann die Konzentration von Treibhausgasen, in diesem Fall vor allem von CO2, in der Atmosphäre auf einen vorindustriellen Wert von 300 bis 350 ppm CO2-Moleküle fallen und das Klima stabilisieren.
Das ungebrochene Bevölkerungswachstum und der damit steigende Energie- und Ressourcenverbrauch verstärkt die genannten, doppelt negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Kohlenstoffzyklus und befördert den Klimawandel. Hinzu kommt: Das westliche Wohlstandsmodell, das im Wesentlichen auf der intensiven Nutzung fossiler Brennstoffe beruht, gilt in anderen Teilen der Welt als erstrebenswert.
Klimaneutralität ist deshalb ein erster von vielen notwendigen Schritten – und kein Zustand, der den Klimawandel als Prozess stoppt.